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7 Meilensteine zur erfolgreichen Übergabe Ihres Unternehmens

Als Unternehmer kommt unausweichlich die Zeit, zu der Sie sich aus der Verantwortung für Ihr Unternehmen zurückziehen (müssen). Dies gilt zum einen für die Leitungsfunktion, in der Regel also die Geschäftsführung oder Vorstandstätigkeit und zum anderen Ihre Eigentümerfunktion, in der Regel also als Gesellschafter oder Aktionär. Hierfür gibt es im Wesentlichen folgende vier Varianten:

Nur die vierte Variante halten wir für erstrebenswert. Wenn Sie sich an folgenden Meilensteinen orientieren, haben Sie gute Aussichten, dass Ihnen eine gute Nachfolgeregelung gelingt:

  1. Klärung Ihrer persönlichen Lebensplanung

    Klärung heißt nicht einfach „weniger arbeiten“ oder „mehr Zeit für mich“, sondern heißt: Sie haben klare und attraktive Bilder vor Augen, wie Sie konkret eine nächste Lebensphase („nach Übergabe“) erfüllend und sinnstiftend gestalten möchten. Folgende Punkte können Sie abhaken, wenn sie erledigt sind:

    • Sie haben Ihre Lebensplanung („klare und attraktive Bilder“!) mit Ihrem engsten Umfeld oder mit einer Person Ihres Vertrauens besprochen
    • Sie haben Ihre Lebensplanung in anschaulicher Weise niedergelegt, zum Beispiel bildhaft skizziert oder zumindest in Stichpunkten notiert.
    • Das Ergebnis finden Sie selbst so attraktiv, dass Ihre Vorfreude positive Energien freisetzt. Diese Motivation ist unentbehrlich, denn sie wird Sie durch den weiteren Prozess tragen.

    Diese Klärung geschieht nicht „nebenbei“, sondern braucht Muße und einen passenden Rahmen. Nehmen Sie sich Zeit dafür, zum Beispiel ein Wochenende in inspirierender Umgebung oder in einer gewissen Abgeschiedenheit. Scheuen Sie sich nicht, unterstützend einen erfahrenen Coach zu Rate zu ziehen, wenn Sie merken, dass Sie sich im Kreise drehen.

  2. Festlegung Übergabezeitpunkt

    Sobald Sie ein klares und attraktives Bild Ihrer zukünftigen Lebensphase haben, setzen Sie sich ein „Ausstiegsdatum“ nach folgender Logik:

    • Setzen Sie sich ein Datum, zu dem Sie als Unternehmer / Geschäftsführer die Verantwortung spätestens niederlegen wollen, also zum Beispiel mit 60 / 65 / 70 Jahren.
    • Von diesem Datum ziehen Sie fünf (!) Jahre ab als Puffer für unerwartete Verzögerungen.
    • Von diesem Datum wiederum ziehen Sie weitere fünf (!) Jahre ab. Das ist der Zeitpunkt, zu dem Sie sehr gezielt und ernsthaft in die Planung und Vorbereitung Ihrer Nachfolge einsteigen sollten.

    Wichtig: Seien Sie ehrlich mit sich selbst und starten Sie mit diesem ersten Schritt. Wenn Sie den klaren Entschluss gefasst haben, Ihre Nachfolge anzupacken, dann haben Sie große Chancen, dass es Ihnen auch gelingen wird. Nicht gut geregelte Nachfolgesituationen hingegen enden oft genug mit zerrissenen Familien und / oder dem Niedergang von Unternehmen.

  3. Familie

    Spätestens wenn Ihr Zeitplan steht, überlegen und tun Sie Folgendes:

    • Klären Sie, wer aus Ihrer Sicht im Hinblick auf eine mögliche Nachfolge aus der Familie zu bedenken ist. Die schlichte Frage „Wer gehört zur Familie?“ kann Zündstoff bergen, muss aber unbedingt geklärt werden. Nicht immer ist das so eindeutig, wie wenn Sie einfach zwei Kinder haben. Stiefkinder, uneheliche Kinder, Adoptivkinder, nahestehende Geschwister, Nichten oder Neffen sollten eventuell (oder müssen sogar!) in Ihre Überlegungen mit einbezogen werden.
    • Arbeiten Sie unser Impuls-Paper „Sorgen Sie für gute Gesellschafter!“ durch und stellen Sie eine eigene Planung zur Förderung eines guten Zusammenhalts in der Familie auf.
    • Treffen Sie – möglichst nach entsprechender offener Diskussion mit allen betroffenen Familienmitgliedern – eine erste Grundsatzentscheidung, ob Sie in Richtung „Fortführung als Familienunternehmen“ oder „Verkauf“ gehen wollen. Diese Entscheidung muss nicht abschließend sein, es sollte aber klar sein, was „Plan A“ und was „Plan B“ ist.
  4. Unternehmensstrategie

    Bevor Sie in die Umsetzung einer Übergabe – gleich ob innerhalb der Familie oder durch Verkauf – gehen, machen Sie einen selbstkritischen Strategie-Check:

    • Sie verfügen für Ihr Unternehmen über eine aussagekräftige und belastbare Strategie. Diese berücksichtigt sowohl große Trends im relevanten Umfeld als auch sich verändernde Kundenbedürfnisse. Sprich: Sie haben plausible Antworten auf die Frage „Was erwarten unsere Kunden in fünf Jahren?“
    • Ihre Strategie berücksichtigt die große Bewegung weg von klassischer Produktorientierung hin zu zunehmenden Service- und Dienstleistungskomponenten. Sie sind dementsprechend vertraut mit Ansätzen von Design Thinking / Service Design und leben diese innovativen Ansätze.
    • Die Chancen der Digitalisierung werden in Ihrem Unternehmen auf breiter Ebene angegangen, also von der Prozessoptimierung über die Schaffung konkreter Kundenvorteile durch digitalisierte Vertriebs- / Kommunikationskanäle bis hin zur Weiterentwicklung Ihres Geschäftsmodells oder dem Aufbau neuer Geschäftsfelder.
    • Die Strategie Ihres Unternehmens ist den Führungskräften und Mitarbeitern nicht nur aus Broschüren bekannt, sondern liegt den täglich zu treffenden Entscheidungen zugrunde.

    Gehen Sie diese Punkte selbstkritisch durch und legen Sie diese eventuell auch Ihrem Führungskreis vor. Wenn Sie nicht alle vier Punkte positiv beantworten können, sollten Sie einen entsprechenden Strategieprozess in die Wege leiten, im günstigsten Fall bauen Sie in Ihrem Unternehmen die notwendige Strategiekompetenz auf. Je besser und überzeugender Ihr Unternehmen strategisch aufgestellt ist, desto attraktiver wird es für einen Nachfolger – ganz gleich ob Familienmitglied oder Käufer/Investor.

  5. Klärung der zukünftigen Eigentümerstruktur

    Wenn Ihre Strategie für das Unternehmen in etwa umrissen ist, zeichnet sich bereits ab, wie groß etwa die Herausforderungen in den nächsten Jahren sein werden, um das Unternehmen erfolgreich weiterführen zu können. Dies hat ganz erheblichen Einfluss auf die Frage, wie eine zukünftige Eigentümerstruktur aussehen kann. Bitte prüfen Sie und wählen Sie aus:

    • Notwendige Investitionen der kommenden Jahre können voraussichtlich durch liquide Mittel aus dem Unternehmen und/oder der Familie heraus finanziert werden.
    • Das absehbare Investitionsvolumen wird unsere liquiden Mittel übersteigen, das Unternehmen bietet jedoch genügend Sicherheiten / Bonität, so dass die Beschaffung von Fremdkapital zu akzeptablen Konditionen möglich sein wird.
    • Um das Unternehmen zukunftsfähig weiterzuentwickeln benötigen wir eine Stärkung unserer Eigenkapitalbasis, zum Beispiel in Form von Mezzanine- oder Beteiligungskapital.
    • Zur Umsetzung einer wirklich attraktiven strategischen Ausrichtung unseres Unternehmens sollten wir ernsthaft über die Hereinnahme eines finanzstarken Investors (Finanz- / strategischer Investor) nachdenken.

    Seien Sie an dieser Stelle stark zukunftsorientiert und nicht allzu traditionsverhaftet. Ihr Unternehmen kann 100 Jahre oder auch 200 Jahre in Familienhand gewesen sein: Wenn Sie als Familie ans Limit einer erfolgreichen Weiterentwicklung des Unternehmens kommen, dann macht es einfach keinen Sinn, einen aufwändigen innerfamiliären Nachfolgeprozess zu durchlaufen, nur um dann wenige Jahre später an den Punkt zu gelangen, über Beteiligungsverhältnisse oder Verkauf nachzudenken.

  6. Persönliche Vermögensvorsorge

    Typischerweise ist bei Familienunternehmen ein wesentlicher Teil der Vermögenswerte gebunden in Unternehmen, unternehmerischen Beteiligungen und Immobilien – diese auch gerne in unternehmerischen Strukturen gebunden. Wenn Sie die Nachfolge angehen, sollten Sie sich unbedingt Klarheit über Ihre Vermögensverhältnisse nach erfolgter Übergabe des Unternehmens verschaffen. Es gibt unterschiedliche Varianten:

    • Sie versuchen, so viel Vermögen wie möglich zu sichern, damit in jedem Fall Ihre Altersvorsorge gesichert ist.
    • Sie übertragen – beispielsweise auf Anraten Ihres Steuerberaters – bereits frühzeitig möglichst viel Vermögen auf Ihre Kinder, um steuerliche Freibeträge vollständig auszuschöpfen.
    • Sie haben eine klare Einschätzung über Ihren heutigen und zukünftigen finanziellen Bedarf und überblicken selbst die Auswirkungen geplanter Vermögensübertragungen auf Ihre persönliche finanzielle Situation.
    • Sie nehmen die Dienste eines professionellen „estate planning“ Spezialisten in Anspruch und balancieren danach die Übertragung von Vermögenswerten auf Ihre Nachfolger aus.

    Die beiden ersten Varianten sind leider immer wieder anzutreffen. Sie führen im ersten Fall dazu, dass eine alternde Generation auf Vermögen „sitzt“, welches sie niemals benötigen wird und das sie dann vererbt, wenn die nachwachsende Generation selbst bereits vor dem Rentenalter steht. Das macht mitunter weder von der Lebensplanung her noch steuerlich gesehen besonders viel Sinn, sondern befriedigt eher irrationale Verarmungsängste. Bleiben Sie nüchtern! Auch die zweite Variante ist eher von Sorge getrieben, nämlich der Sorge, bloß nicht dem Fiskus zu viel zu bezahlen. Wenn dann die eigenen Spielräume im Alter zu eng werden, weil mögliche Schicksalsschläge nicht bedacht wurden, ist es meist zu spät für Korrekturen.

    Also nehmen Sie sich Zeit für diese wichtige Frage, damit Sie aufgrund sachlich begründeter Einschätzungen gute Entscheidungen für Ihre persönliche Vorsorge und die Ihrer Familie treffen.

    • Wenn Sie das Thema erledigt oder gut auf den Weg gebracht haben, dann setzen Sie hier gerne einen Haken.
  7. Personalsuche /-entwicklung

    Wenn Sie die vorhergehenden sechs Punkte durchdacht haben und mindestens auf den Weg gebracht haben, können Sie sich sinnvoll Gedanken über die Frage machen, wer denn Ihr Unternehmen zukünftig führen soll. Ganz im Sinne unseres Impuls-Paper „Sorgen Sie für gute Gesellschafter!“

    Der Vorteil eines solchen Vorgehens ist folgender: Wenn die übrigen Themen gelöst oder durchdacht sind, dann bleibt für einen Nachfolger tatsächlich die Aufgabe der Unternehmensführung – und nicht die des „Retters der Familie“ mit übermenschlichen Fähigkeiten, um die Familie zusammenzuhalten, das eigene Unternehmen neu auszurichten, für die Absicherung aller Familienmitglieder zu sorgen und sich nebenbei noch mit der Frage möglicher Finanzierungsinstrumente beschäftigen zu müssen.

    Die Personalsuche können Sie in der Regel wie folgt durchgehen:

    • Ein ganz entscheidender Erfolgsfaktor bei der Besetzung Ihrer Unternehmensführung ist eine durchdachte und abgestufte Kommunikation durch den gesamten Prozess (der gut und gerne 1 – 3 Jahre dauern kann). Stellen Sie sicher, dass Sie bei allen nachfolgenden Maßnahmen immer überlegen, wer wann von wem und mit welchem Wording zu informieren oder zu Rate zu ziehen ist.
    • Um die strategischen Ziele (siehe oben!) zu erreichen, benötigen Sie an der Spitze unseres Unternehmens bestimmte Kompetenzen, die Sie detailliert als Anforderungsprofil aufschreiben.
    • Wenn Sie damit nicht sicher sind, ziehen Sie einen Personalberater mit Erfahrungen in Unternehmen vergleichbarer Größe und Struktur zu Rate. Nehmen Sie nicht den erstbesten, wählen Sie diesen Partner gezielt aus, hier können Sie viel profitieren, es kann aber auch viel schieflaufen.

    Erst dann grenzen Sie ein:

    • Wir haben einen oder mehrere Kandidaten oder Kandidatinnen in der Familie und wir möchten, dass das Unternehmen von Mitgliedern der Familie geführt wird.
    • Wir sehen im Unternehmen einen oder mehrere potenzielle Nachfolger oder Nachfolgerinnen und können uns gut eine interne Lösung vorstellen.
    • Wir bevorzugen eine externe Lösung, weil wir die beiden ersten Lösungsmöglichkeiten nicht sehen oder weil wir bewusst neue Akzente setzen wollen.
    • Wir bevorzugen im Sinne einer Professionaliierung unserer Führung eine gemischte Lösung (intern + extern) und betonen damit den Teamgedanken im Unternehmen.

Wenn Sie die vorstehenden Anregungen berücksichtigen und umsetzen, dann haben Sie große Chancen, dass Ihnen das große Projekt „Nachfolge“ gelingen wird. Nicht gut geregelte Nachfolgesituationen enden oft genug mit zerrissenen Familien und / oder dem Niedergang von Unternehmen.

Also sichern Sie den Fortbestand Ihres Unternehmens, den Familienzusammenhalt und die vielfältigen Möglichkeiten, eine rechtzeitig eingeleitete nächste Lebensphase zu gestalten.


Wir wünschen Ihnen viel Erfolg bei dieser spannenden Aufgabe!



Ihr Team von Michallik Consult GmbH

Wiesbaden, August 2019





Dieser Text darf wie folgt zitiert werden:
Michallik Consult GmbH (Hrsg.): Tools für Familienunternehmer Nr. 1, Meilensteine zur erfolgreichen Übergabe meines Unternehmens und Nennung der vollständigen URL, unter der Sie den Text abgerufen haben. Besten Dank für Ihr Verständnis.